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Mein erstes Beertasting

Bier wird von den meisten immer noch unterschätzt. Und ganz ehrlich: Auch für mich war Bier bis letzte Woche Dienstag, ganz überspitzt gesagt, ein trübes, kohlensäurehaltiges Gebräu mit einer Schaumkrone oben drauf, das ich etwa fünf Mal im Jahr (mal als Absacker, mal zu feierwütigen Anlässen) ohne zu viel Wertschätzung getrunken habe. Dabei ist Bier ein geschmacksintensiver und überraschend vielfältiger Begleiter zu vielen Gerichten. Ich habe immer geglaubt eher der Weintrinker zu sein. Bier hat inzwischen ziemlich weit aufgeholt.

Gute Lage: Das Weber grenzt direkt an die Calwer Passage in Stuttgart

Der wesentliche Unterschied zwischen Bier und Wein, geht man ganz allein von der Herstellung aus: Wein wird aus Trauben gewonnen, Bier aus (Gersten)Malz, Hopfen, Hefe und Wasser. Der Zucker, der zur Gärung benötigt wird, kommt beim Wein, logisch, direkt aus den Trauben. Beim Bier muss die Stärke des Malzes erst zu Zucker abgebaut werden, damit die Hefe diesen dann vergären kann. Wein wird in offenen Tanks gegärt, Bier unter Druck, es perlt in seinem Endzustand.

Weber-Inhaber Volker Göhner und Bier-Experte Werner Dinkelaker

Werner Dinkelaker, Braumeister, Geschäftsführer der Schönbuch Braumanufaktur in Böblingen und Bier-Blogger, läutet den Abend gemütlich und mit noch verhältnismäßig wenig Alkoholgehalt ein – man soll’s ja nicht gleich übertreiben. Jedes Bier wird aus einem Verkostungsglas mit dünnem Stiel, großem Bauch und schmalerem, leicht nach außen abgeknicktem Trinkrand getrunken. Ab dem ersten Schluck wird so die komplette Zunge benetzt und der Geschmack wird gleich viel intensiver wahrgenommen. Und so verkostet man – egal welches Bier – wie ein Profi:

1. Der Geruch: Wichtig, da etwa 80 % des Geschmackes über die Nase aufgenommen wird und nur 20 % über die Geschmacksknospen auf der Zunge. Glas am Stiel greifen und die Nase etwa am taillierten Bereich des Glases platzieren – dort ist die Konzentration der Duftstoffe am höchsten. Eventuell ein wenig nachschwenken, ähnlich wie bei einer Weinprobe. Riecht es eher fruchtig nach Banane oder süß wie Honig?

2. Der erste Schluck: Jetzt geht’s ans Probieren. Einen kleinen Schluck nehmen, die Flüssigkeit etwa drei Sekunden auf der Zunge liegen lassen, schlucken und dann – ganz wichtig! – sofort durch die Nase ausatmen. Und erst JETZT hat man den vollen Biergeschmack das erste Mal so richtig erlebt. Tadaaa!

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Foodpairing im Restaurant Weber in Stuttgart

Der Aperitif: Das Naturpark-Radler, das seinen Namen vom Naturpark Schönbuch hat und extra dafür gebraut wurde. Es riecht nach Sommer, ist schön süffig und hat nur 2 % Alkoholgehalt, damit Wanderer und Radfahrer auch wieder sicher nach Hause finden. Damit sind auch alle Bierinteressierten einverstanden, die sich im Restaurant Weber zum Beertasting eingefunden haben. Inhaber Volker Göhner und sein Team sind nämlich für das Foodpairing zuständig – und das sieht vielversprechend aus!

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„Fisch im Grünen“ – Saisonale Salate, Lachsfilet, Oktopus mit Hausdressing

Bier und Essen harmonieren nahezu perfekt. Jedem wird nach dem ersten Schluck und Bissen klar, warum zum leichten Schönbuch-Kristallweizen am besten Fisch wie zum Beispiel Lachs passt. Und warum das fruchtige Pale Ale, das exotisch nach Litschi und Mango riecht, zum auf der Zunge brennenden Kokos-Thai-Curry gereicht wird: Es gleicht die Schärfe aus und sorgt für einen runden Geschmack.

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„Roastbeef Argentinisch“ mit Grillgemüse und hausgemachter Kräuterbutter

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Wenn Werner Dinkelaker so über sein Bier und die jeweiligen Besonderheiten in Aroma und Würze erzählt, immer mit kleinen Anekdoten unterlegt, merkt man: Der Mann liebt Bier. Bier macht ihm Freude, es fließt in seinen Adern – kein Wunder! Er kommt aus einer Brauereifamilie, mit sechs Jahren hat er angefangen im Traditionsbetrieb mitzuhelfen. Der heutige Anspruch von Werner Dinkelaker und seinem Team in der Braumanufaktur: „Bierbrauen soll Spaß machen! Wir möchten wichtige Biertrends erkennen und nah an der Entwicklung dran sein. Deswegen probieren wir gerne neue und moderne Sorten aus, zum Beispiel unser Pale Ale.“ Wichtig ist dabei immer, dass die Drinkability stimmt: Jedes Bier soll zum Weitertrinken anregen. Die hochwertigen Rohstoffe kommen dabei zu größten Teilen aus der Region und für ihre Produktqualität wurde die Brauerei auch schon viele Male ausgezeichnet. Letztes Jahr zum Beispiel gab es für das dunkle Schönbuch-Hefeweizen die Goldmedaille im „European Beer Star„-Wettbewerb, einer der wichtigsten Preise der internationalen Brauwelt.

Aber zurück zum Pale Ale: Den ursprünglich englischen Bierstil hat Werner von einer Brauereibesichtigung aus Amerika mitgebracht: „Dieser Geruch, der war einmalig – ich musste das auch machen!“ Gesagt, getan. In Deutschland war die Schönbuch Braumanufaktur damit vor fünf Jahren missionarisch unterwegs. Pale Ale ist inzwischen fest im Sortiment verankert. Und schon nähern wir uns meinem persönlichen Highlight des Abends: Dem Amber Ale, eine Biersorte, die vom Pale Ale abgeleitet ist. Dazu serviert Weber-Küchenchef Damir Spajic Reisnudeln mit Kokos-Limonen-Sauce und Shrimps. Ein Träumchen. Und das Amber Ale? Ohne Witz, es riecht nach Erdbeermarmelade. Leider sind nur noch gut 20 Kisten übrig, die Produktion wurde (erst einmal) eingestellt, um sich neuen Biersorten widmen zu können.

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Der Abschluss vom Schönbuch-Beertasting im Restaurant Weber: Ein Heller Doppelbock. „Ein Genussbier, das man am besten am Ende eines Abends gemütlich auf dem Sofa trinkt. Trotz seines verhältnismäßig hohen Alkoholgehalts von 8,4 % ist die Drinkability da – also nicht unterschätzen, es ist gefährlich“, weiß Werner. Vielleicht aus eigener Erfahrung? Das kann ich nur vermuten. Was ich sicher weiß: Das leckerste Schokoladen Parfait, das ich seit langem gegessen habe, schmeckt noch besser, wenn man einen Löffel in den Mund nimmt, es kurz auf der Zunge zergehen lässt und dann einen Schluck Hellen Doppelbock nimmt – OHNE. WORTE.

Hildegard von Bingen wusste schon ewig von seiner antiseptischen Wirkung: Bier tut uns gut (in Maßen, versteht sich). Werner Dinkelaker ist sich auch sicher: Bier macht Spaß! Und ich weiß nach letzter Woche ein bisschen Bescheid über das Gebräu und dem dazu passenden Essen und habe gelernt: Bier ist purer Genuss!

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Das Wort zum Dienstag!

Danke, lieber Werner, für deine Einladung! Und danke, lieber Volker Göhner vom Restaurant Weber und Küchenchef Damir Spajic, für die leckere Foodbegleitung – das war ein Spaß!

PS: Übrigens schon ewig auf meiner „Essen, das ich unbedingt noch selber kochen oder zumindest probieren muss bevor ich sterbe“-Liste: Beer Chicken.

2 Kommentare

  1. Nach erfolgreichen Whisky-Tastings, habe ich schon länger auch über Bier-Tastings nachgedacht und werde nun, angeregt durch den netten Beitrag, konkret mit der Braumanufaktur Schönbuch Kontakt aufnehmen.

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